
Über viele Jahrhunderte hat der Mensch aus der Erde genommen, was er zum Leben, Bauen und Wirtschaften brauchte. Heute aber wächst das Bewusstsein, dass auch die Erde selbst wieder Atem braucht. Wo einst Maschinen, Bohrer und Bagger Landschaften öffneten, entsteht nun Raum für etwas Neues – für Rückkehr, Vielfalt und Lebenslust der Natur.

Renaturierung und Rekultivierung sind Ausdruck dieses Wandels: Sie verbinden wissenschaftliches Know-how mit tiefem Respekt vor dem lebendigen Netz des Lebens. Überall dort, wo Gestein, Sand oder Kohle gefördert wurden, kehren Pflanzen, Tiere und ganze Ökosysteme zurück. Es ist ein stilles, kraftvolles Zeichen, dass Natur und Mensch gemeinsam gestalten können.
Steinbrüche zählen zu den ältesten Abbaustätten der Welt. Schon im alten Ägypten oder im alten Rom wurde Stein gewonnen, um Wege, Tempel und Städte zu errichten. Auch in Deutschland prägen Steinbrüche seit Jahrhunderten das Landschaftsbild.
Heute endet ihr Nutzen nicht mit dem letzten Abbau. Immer häufiger beginnen parallel zum Betrieb Renaturierungsmaßnahmen – gesetzlich gefordert, aber auch aus innerer Überzeugung. Denn wo einst Felsen gebrochen wurden, können neue Lebensräume entstehen.
Ein Steinbruch birgt oft das Potenzial eines mageren Sonderstandorts – eines Bodens, der durch seine Nährstoffarmut seltene Arten anzieht. Wenn man ihn nicht auffüllt oder aufforstet, sondern offen belässt, siedeln sich dort Pflanzen und Tiere an, die in der überdüngten Kulturlandschaft kaum mehr vorkommen.
Ein inspirierendes Beispiel liefert der Steinbruch Vohenbronnen bei Schelklingen auf der Schwäbischen Alb, der in Zusammenarbeit mit dem NABU renaturiert wird. Hier entstehen auf natürlichem Wege Wanderbiotope – Lebensräume, die sich ständig wandeln, wachsen und vielfältiger werden. Insekten, Wildbienen und seltene Pflanzen finden hier ein Refugium.
🎥 Rohstoffgewinnung und Biologische Vielfalt – Renaturierung und Rekultivierung von Steinbrüchen
Auch andere Projekte zeigen, wie vielfältig Renaturierung sein kann:
Ein begleitender Naturlehrpfad lädt Schulklassen und Familien ein, diese Entwicklung hautnah zu erleben – Naturbildung im besten Sinne.
🌿 Naturlehrpfad Burglengenfeld – Heidelberg Materials
Auch in ehemaligen Kiesgruben und Baggerseen erwacht das Leben neu. Hier gelingt es, die Dynamik natürlicher Flusslandschaften nachzubilden – mit wechselnden Wasserständen, Uferzonen und kiesigen Inseln.
Ein Beispiel ist der Baggersee Baden-Baden-Sandweier, wo in Kooperation mit dem NABU vielfältige Lebensräume entstehen: Steilufer für Uferschwalben, offene Sandflächen für Wildbienen und Grabwespen, seichte Zonen für Amphibien und Armleuchteralgen.
🎥 Renaturierung und Rekultivierung von Kiesgruben und Baggerseen
Wichtig ist die Pflege – denn offene Bereiche, die am artenreichsten sind, verbuschen schnell. Durch gezielte Maßnahmen bleibt diese Vielfalt erhalten.
Auch die Kiesgruben Ossingen, Kleinhandelingen und Rheinau zeigen, wie aus Rohstoffabbau Naturparadiese werden. Dort entstanden Magerwiesen, auf denen seltene Arten wie Kreuzkröten, Gelbbauchunken, Laubfrösche und Ödlandschrecken neue Heimat finden.
🎥 Von der Kiesgrube zur Magerwiese
Sogar im größten Kieswerk Europas, an der Elbe, wird Biodiversität bewusst gefördert. Durch das „Verspülen“ entstehen Inseln und Sandflächen, auf denen sich Vögel wie der Flussregenpfeifer und der bunte Bienenfresser ansiedeln.
🎥 Eine neue Landschaft entsteht – Renaturierung im Kieswerk ELBEKIES Mühlberg
Tagebaue gelten als Inbegriff menschlichen Eingriffs in die Erde – doch selbst hier zeigen sich Zeichen des Wandels. Im Braunkohletagebau Hambach etwa beginnt die Rekultivierung parallel zum Rückzug der Bagger. Heimische Pflanzen werden angesiedelt, Füchse, Wildkatzen und Haselmäuse kehren zurück.
🎥 Die Rekultivierung des Hambacher Tagebaus nach dem Braunkohletagebau
Teil des dortigen Biodiversitätsprojekts sind sogar Wildpferde, die durch ihre Weideaktivität offene Landschaften erhalten. So entsteht Stück für Stück eine neue Kulturlandschaft – geformt von der Hand des Menschen, getragen vom Atem der Natur.
Renaturierung und Rekultivierung zeigen: Wo wir hinschauen, achtsam gestalten und zulassen, kann sich das Leben neu entfalten. Wissenschaft, Unternehmen und Naturschutz arbeiten Hand in Hand – und immer häufiger begleitet von Biologen, Landschaftsplanern und sogar Artenspürhunden, die versteckte Reptilien oder seltene Arten aufspüren, um sie zu schützen.
So entsteht ein neues Verständnis: Es geht nicht darum, alte Landschaften zu kopieren, sondern die Potenziale eines Ortes zu erkennen und mit der Natur zu gestalten.
Was einst Wunde war, wird zur Quelle – für Vielfalt, Schönheit und Hoffnung. 🌿
Steinbrüche:
Kiesgruben & Baggerseen:
Tagebaue:
Autor: Andreas Monning