Langzeit­hoffnung: Die Evo­lution des mensch­lichen Bewusst­seins

Autor: Andreas Monning am 18. März 2018 

Wir Menschen verzweifeln an vielem, vor allem aber an uns selbst. Werden wir uns und unseren Heimatplaneten unweigerlich zerstören und viele andere Lebensformen mit in den Abgrund reißen? Da die Medien täglich voller Schreckensnachrichten sind, muss man kein ausgemachter Pessimist sein, um die Hoffnung zu verlieren. Dabei gibt es einen Aspekt, der überaus hoffnungsvoll ist: Die zunehmende Empathie der Menschheit!

Hände, die die Buchstaben des Wortes LOVE (Liebe) zeigen
Photo by Tyler Nix on Unsplash

In seinem 2010 erschienenen Buch "Die empathisches Zivilisation - Wege zu einem globalen Bewusstsein" führt der Soziologe und Zukunftsökonom Jeremy Rifkin seine Leser durch die Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Auf diesem Gang durch die Jahrtausende zeichnet der Autor präzise nach, dass die Menschheitsgeschichte eine Geschichte sich ausweitender Empathie ist, und dass diese wiederum Teil eines sich entwickelnden Bewusstseins ist.

Und diese Beobachtung ist durchaus angetan, gestorbene Hoffnung zu reanimieren. Denn Bewusstsein meint bewusstes Erleben, und Empathie ist laut Wikipedia "die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Gedanken, Emotionen, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person (und anderer Wesen, Anm. d Autors) zu erkennen und zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren" (https://de.wikipedia.org/wiki/Empathie). Rifkin zeigt anhand zahlreicher Beispiele, wie sich diese Fähigkeit und Bereitschaft in der Entwicklung der Menschheit stetig ausgeweitet hat. Hier nur grob skizziert: Vom Urzustand des Patriarchats zunächst über Geschlechter- und Altersgrenzen hinaus (Frauen und Kinder), dann auf Menschen jenseits der eigenen Sippen-, Dorf und Stadtgrenzen, dann auf Menschen jenseits der eigenen nationalen und kulturellen Grenzen, schließlich auf andere Lebensformen wie Tiere und Pflanzen, letztlich also unsere gesamte belebte Umwelt.

Und Rifkin kann überzeugend zeigen, dass die Empathie der Menschheit auch, oder besser gesagt: dass sie grade in oder durch Krisenzeiten (wie heute?) zugenommen hat. Dass sie in der akuten Phase der Krise zwar zunächst immer ein Tief erfahren hat (zum Beispiel der Absturz ins Mittelalter nach dem Untergang des römischen Reiches), dass es letztlich und nach Überwinden der Krise aber immer einen beachtlichen Fortschritt gab. Auf die berechtigte Frage, wie es denn kommt, dass die Menschheit bisher alle Krisen überstanden hat, gibt der Soziologe eine überzeugende Antwort: Es ist ein Prinzip, dass Kooperation langfristig über Konkurrenz siegt, und es wirkt in der gesamten Natur – und eben auch in der Menschenwelt. Rifkins Beobachtung stimmt mit aktuellen Forschungsergebnissen aus Biologie und Hirnforschung überein: An die Stelle der Annahme, dass der Mensch von Natur aus aggressiv und auf Konkurrenz ausgelegt ist, setzen mittlerweile immer mehr Wissenschaftler einen empathischen und kooperativen Wesensgrundzug, der die Entwicklung des Spezies Mensch bis an den heutigen Punkt möglich gemacht hat. Überhaupt möglich gemacht, müsste man eigentlich sagen, denn wären wir tatsächlich so aggressiv und auf Konkurrenz ausgelegt, wie lange angenommen wurde, wären wir längst untergegangen, vom Erdboden verschwunden, eine Episode der Geschichte unseres Planeten, über die keiner mehr spricht.

Ein Mann steht unter den Sternen und blickt gehn bunten Nachthimmel. Man sieht die Milchstraße. Das Ganze wurde mit einem Fishey aufgenommen.
Photo by Greg Rakozy on Unsplash

Doch wir sind immer noch da, und folgt man Rifkin, dann stehen wir auf einer langen Leiter zahlreicher Entwicklungsstufen heute unmittelbar davor, die hohe Stufe der "globalen Empathie" zu erklimmen. In die Sprache der Evolution, also der Entwicklung des Bewusstseins ausgedrückt, sieht dieser Weg so aus: Ausgehend vom Bewusstsein der Frühzeit des homo sapiens, dem mythologischen Bewusstsein (Glaube an Geister), hat sich die Menschheit über das theologische Bewusstsein (Glaube an Götter) und das ideologische Bewusstsein (Grundeinstellungen und Werte, Weltanschauung) bis zur Stufe des psychologischen Bewusstseins (Erforschung des Seelenlebens) entwickelt. Auf der Stufe des psychologischen Bewusstseins steht heute der Großteil der Menschheit, und es ist erkennbar, dass einzelne und immer mehr Vertreter unserer Spezies bereits die Stufe des globalen oder biosphärischen Bewusstseins (Sinn für das Ganze). Und auf dieser Stufe ruht Hoffnung, denn aus dem globalen oder biosphärischen Bewusstsein heraus ist der Mensch in der Lage und bereit, das zu tun, was nicht nur ihm nutzt, sondern was für das Ganze von Vorteil ist.

 

Quelle: Jeremy Rifkin, "Die empathisches Zivilisation - Wege zu einem globalen Bewusstsein". Campus Verlag 2010.

Kategorien: Allgemein Rubriken: Erde, Frieden, Liebe, Universum

Folgende Artikel könnten dich auch interessieren

© Gute Nachrichten 2011-2024