Operationen an der Leber gelten als äußerst schwierig und dauern in der Regel mehrere Stunden. Das Organ besitzt ein sehr verzweigtes Gefäßsystem und wird pro Minute von eineinhalb Litern Blut durchströmt. Wenn der Chirurg an einer ungünstigen Stelle schneidet, besteht die Gefahr, dass der Patient zu viel Blut verliert, außerdem muss der Arzt darauf achten, dass nach der OP ausreichend viel Organvolumen übrig bleibt und dass dieses gut genug durchblutet ist, sonst überlebt der Patient die OP nicht. Das bedeutet in der Praxis, dass der Operateur vor und während des Eingriffs möglichst genau wissen muss, wo die Blutgefäße im Leberinnern verlaufen und wo sich der Tumor befindet.
Nun gibt es zur Unterstützung der Leberchirurgen eine vom Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS in Bremen entwickelte Tablet-App, die hier unterstützend eingesetzt werden kann. Diese basiert auf einer bereits etablierten MEVIS-Software zur Planung von Leberoperationen, die bis jetzt weltweit bei über 6000 Eingriffen eingesetzt wurde. Man nimmt 3 D-Röntgenbilder der zu operierenden Leber als Basis und rekonstruiert damit genau, wo die Gefäße in der Leber verlaufen. Somit kann der Chirurg vor der Operation genau planen, wie und wo er sein Skalpell ansetzen muss, um den Tumor schonend und effektiv zu entfernen.
Bis jetzt gab es aber ein Problem: der Arzt hat während des Eingriffs kaum die Möglichkeit, die von der Software errechneten Bild anzusehen und mit seinen Operationsschritten abzugleichen. MEVIS-Informatiker Alexander Köhn sagt: "Mit unserer neuen App lassen sich nun sämtliche Planungsdaten direkt am OP-Tisch anzeigen."
Am 15. August dieses Jahres hat man an der Asklepios Klinik Barmbek in Hamburg die App bei einer Leber-OP erfolgreich getestet. Man nutzte dabei ein weiteres Feature der App: Mit der integrierten Kamera des Tablets wurde die Leber während der OP gefilmt. Man legte dann die Planungsdaten über das Live-Bild. "Mit dieser Funktion können wir quasi in das Organ hineinschauen und die Tumoren sowie das Gefäßsystem sichtbar machen", sagt Prof. Dr. Karl Oldhafer, Chefarzt an der Asklepios Klinik Barmbek.
Fraunhofer MEVIS arbeitet bereits seit Jahren an Verfahren, die dem OP-Saal bildbasierte Planungsinformationen liefern können. Dabei gibt es ein großes Problem: die Datenmenge ist meistens sehr hoch und man muss diese in geeigneter Weise reduzieren, damit dem Chirurgen nur die tatsächlich benötigten Informationen zur Verfügung stehen. Neben dem Einsatz von Tablet-PC`s arbeitet man auch daran, zukünftig Navigationssysteme, ähnlich wie im Auto, zu verwenden oder Planungsdaten direkt auf ein Organ oder das OP-Tuch zu projizieren und über Gesten des Operateurs die erwünschte Information abzurufen.
Quelle: mevis.fraunhofer.de