Anlässlich des Schweizer Nationalfeiertags, heute am ersten August, ist es an der Zeit, ein paar lobende Worte über unseren südlichen Nachbarn zu schreiben.
Die geografische Lage der Schweiz im Herzen Europas war gleichzeitig ein Vorteil und eine Gefahr für das kleine Land. Große Nachbarn im Norden und Westen haben mehr als einmal ihre Hand nach der Schweiz ausgestreckt. Mehrmals in den letzten Jahrhunderten wurden Teile der heutigen Schweiz überfallen und ausgeraubt. In all diesen Jahren entwickelten die Eidgenossen einen nicht zu unterschätzenden Verteidigungswillen. Selbst der eroberungssüchtige Adolf Hitler hat die Finger von der Schweiz gelassen, wohl aus Angst, gegen die hochgerüsteten Eidgenossen den Kürzeren zu ziehen. Wenn man rings um sich Feinde hat, führt das zu einem großen Zusammenhalt innerhalb eines Landes. Trotz der Existenz von vier Landessprachen, Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch, trotz "deutschstämmiger" und "lateinischer" Landesteile ist die Schweiz eine unverbrüchliche Einheit. Nennen wir ruhig die Schweiz die erste multikulturelle Nation der Welt. Untrennbar damit verbunden ist ein fest integrierter Schutz der Minderheiten, ein Sprachenproporz in den wichtigsten Instanzen, eine dezentrale rechtsstaatliche Verwaltung und eine dezentrale Wirtschaft.
Nach dem verlorenen zweiten Weltkrieg waren die Schweizer die ersten, die dem geschundenen Nachkriegsdeutschland die Hand reichten, sowohl was die wirtschaftlichen als auch die sportlichen Beziehungen anbelangte. Das erste Fußballländerspiel der BRD nach dem Krieg fand gegen die Schweiz statt.
Die Schweiz hat schon im Jahr 2001 die Schuldenbremse per Volksentscheid in ihren Staatshaushalt eingeführt und in den letzten Jahren erwirtschafteten unsere Nachbarn einen Haushaltsüberschuss von durchschnittlich 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das hat es in Deutschland seit 1969 nicht mehr gegeben.
Man denkt immer, die Schweiz würde vom Schwarzgeld der Superreichen aus aller Welt leben. So zumindest dürfte es an deutschen Stammtischen kolportiert werden. Aber, weit gefehlt, das Steueraufkommen aus dem Banken- und Finanzsektor macht in der Schweiz weniger als 17 Prozent aus. Denn, man höre und staune, die Schweiz ist eine ernst zu nehmende Industriemacht. Mit einem Wert von 100 Milliarden Schweizer Franken – bitte nicht "Fränkli", kein Schweizer verniedlicht verbal seine Währung – ist die Industrieproduktion in der Schweiz doppelt so hoch wie diejenige von Norwegen.
Warum kommt aber immer und immer wieder fremdes Geld in die Schweiz, selbst dann, wenn es wie vor einigen Jahrzehnten gar keine Zinsen für das Geld im Depot gab? Die Erklärung ist einfach: die Schweiz galt und gilt als Land mit den stabilsten wirtschaftlichen Verhältnissen auf der Welt. Verstaatlichung oder gar Enteignung sind dort Fremdwörter.
Nicht nur Deutschland, die ganze Welt könnte viel von der Schweiz lernen. Lassen wir ihnen ihren Nationalfeiertag genießen. Das Wetter passt, sie haben es sich verdient.
Quelle: welt.de