Allgäuer Dorf als Vorbild für ganz Deutschland

Autor: Gute Nachrichten am 17. Juli 2012 

Seien wir doch mal ehrlich, wenn man über das Allgäu im Allgemeinen und den Allgäuer im Besonderen spricht, dann hört man Attribute wie bodenständig, heimatverbunden, fröhlich. Und das sind noch die schmeichelhaftesten Eigenschaften, die man dem Allgäuer zuspricht. Rückständig, stur, eine unverständliche Sprache sprechend, sagt man vielleicht im Norden unserer Republik….

Jetzt muss man aber wissen, dass es im Allgäu ein Dorf mit 2570 Einwohnern namens Wildpoldsried gibt, das aus Wind, Sonne, Wasser und Biogas dreimal mehr Strom erzeugt, als es selbst verbraucht. Damit dient Wildpoldsried als Vorbild für die energetische Zukunft in Deutschland.

Wildpoldsried, Dorf der Strompioniere
Bild-Quelle: dpa

Bauer Ignaz Einsiedler betreibt ein Biogas-Kraftwerk auf seinem Hof. Hier wandeln Milliarden von Bakterien Grünschnitt, Mais und andere Biomasse, vermischt mit etwas Gülle, in Methangas um. Einige Kilometer entfernt verfolgt der Kollege Manfred Reichhart seit 2006 das gleiche Konzept, nur dass er den Gärtank unter die Erde verlegt hat, aus optischen Gründen, wie er sagt. Gleich daneben steht ein Gebäude in dem Reichart ein Blockheizkraftwerk betreibt. Hier wandelt er das entstehende Methangas in Strom und Wärme um. Auch im Keller von Bauer Einsiedler arbeiten zwei Gasmotoren, die das Biogas zu Strom umwandeln.

Heute erzeugt die Gemeinde Wildpoldsried dreimal mehr Strom als sie selbst verbraucht. Neben den Blockheizkraftwerken betreibt sie seit 2005 eine Dorfheizung mit Holzpellets und Biogas. Inzwischen werden 42 Gebäude mit Fernwärme versorgt, darunter befinden sich auch die öffentlichen Gebäude der Gemeinde wie Rathaus und Schule.

Arno Zengerle, der erste Bürgermeister der Gemeinde, sagt: "Damit sparen wir rund 240.000 Liter Heizöl im Jahr ein." Seit seiner Wahl im Jahr 2006 wurden 140 Solaranlagen in Wildpoldsried installiert, ein Viertel der Häuser trägt Fotovoltaikflächen auf den Dächern.

Weiterhin haben über 200 Bürger in einen eigenen Windpark investiert. Dieser besteht aus fünf Anlagen und er erzeugt zwölf Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr. Zwei weitere Anlagen sind im Bau. In Spitzenzeiten hat das Dorf aus den Solar-, Biogas- und Windkraftanlagen neun Megawatt Leistung zur Verfügung. Das Dorf ist für viele Einwohner vom Stromverbraucher zum Stromerzeuger geworden, es bietet bereits heute den Energiemix, den sich Fachleute für ganz Deutschland wünschen.

Ein Problem der Energiewende kann auch hier in Wildpoldsried gelöst werden: Wie beherrscht man die großen Leistungsunterschiede in der Stromerzeugung, wie sie für Windkraft- und Solarenergieerzeugung typisch sind?

Hierfür sorgt IRENE (Integration regenerativer Energien und Elektromobilität). So heißt ein intelligentes Stromnetz ("smart grid"), das für den Lastausgleich sorgen soll. Daran beteiligt sind das Allgäuer Überlandwerk, die Technische Hochschule Aachen, die Hochschule Kempten (Allgäu), sowie die Firma Siemens. Das relativ kleine Stromnetz im Dorf Wildpoldsried dient hier als Versuchsfeld für die "smart grids", die man in absehbarer Zeit in ganz Deutschland braucht.

Hut ab vor dieser kleinen Gemeinde im schönen Allgäu. Hier hat man nicht erst über Jahre gestritten und über die Machbarkeit sich die Köpfe heiß diskutiert, sondern man hat einfach angefangen und nahezu ein ganzes Dorf stand und steht dahinter.

 

Quelle: welt

 

Kategorien: Umwelt Rubriken: Alternative Energien

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