Stanislaw Petrow, ein wahrer Held in unserer Zeit

Autor: Gute Nachrichten am 29. Februar 2012 

Es gibt einige wenige Nachrichten, die man getrost auch nach fast 30 Jahren noch als "gut", wenn nicht sogar "sehr gut" bezeichnen kann.

Stanislaw Petrow, damals 44 Jahre alt, Systemanalytiker und seit 26 Jahren beim russischen Militär, war ein Spezialist für russische Überwachungssatelliten, die mit Infrarotsensoren weltweit Raketenbasen beobachteten. Damals, 1983 befand sich der Kalte Krieg in einer heißen Phase. Die Welt war geteilt in Ost und West und seit Mitte der Siebzigerjahre begann zwischen den beiden Blöcken in irrsinniges Wettrüsten. Die damalige Sowjetunion hatte in Weißrussland und in der Ukraine nukleare Mittelstreckenraketen aufgestellt, die innerhalb weniger Minuten Ziele Westeuropa erreichen konnten. Die Nato reagierte mit dem damals gerade in Deutschland politisch sehr umstrittenen Doppelbeschluss, der besagte, falls die Sowjets nicht in Verhandlungen über den Abbau der Raketen verhandeln wollten, dass dann die Nato ihrerseits nukleare Raketen und Marschflugkörper aufstellen würde. Die großen Gegenspieler waren der damalige US-Präsident Reagan und der von schweren Krankheiten gezeichnete russische KGB- Chef Andropow.

Das gegenseitige Misstrauen war groß und Andropow war überzeugt davon,  dass die Amerikaner einen Erstschlag planten.
Als Stanislaw Petrow in der Nacht vom 26. September 1983 in der Überwachungszentrale der Sowjets Dienst hatte, war die allgemeine Anspannung sehr groß, die beiden damaligen Großmächte belauerten sich gegenseitig und es wartete quasi jede Seite darauf, dass die andere Seite einen Angriff starten würde.

Kurz zuvor hatten die Sowjets eine südkoreanische Passagiermaschine abgeschossen, da sie diese irrtümlich für eine US-amerikanische Spionagemaschine hielten. Dabei fanden 269 Menschen den Tod.

Kurz nach Mitternacht geschah dann das, was für Offizier Petrow ein Schock sein musste. Seine Überwachungsmonitore meldeten "Start". Das würde bedeuten, Petrow muss jetzt einen Gegenangriff starten! Die sowjetischen Satelliten hatten einen Raketenstart im Mittelwesten der USA erkannt. Der Alarm ging auch an den Generalstab der Sowjetarmee und Petrow wusste, er musste schnell handeln, entweder den Start bestätigen oder widerlegen. Das war seine Aufgabe. Er wusste, wenn der Alarm stimmte, dass in weniger als einer halben Stunde die Rakete in der Sowjetunion einschlagen würde.

Petrow befahl seinen Untergebenen, Ruhe zu bewahren und nichts zu tun. Auf seinem Computer sah er die US-Raketenbasis, von der die Rakete gestartet sein soll, aber die Satellitenbilder auf seinem Monitor zeigten nichts. Stanislaw Petrow fragte sich, warum die Amerikaner nur eine Rakete abschießen sollten, falls sie tatsächlich einen Angriff planten. War es ein Fehlstart der Amerikaner? Unmöglich, die hatten ebenfalls zahlreiche Sicherheitssysteme.

Sein Kopf als Systemanalytiker sagte ihm, die Chancen stünden 50:50, sein Bauchgefühl sagte ihm aber, dass hier irgendwas nicht stimmte.

Er rief seine Kommandozentrale an und sagte "Fehlalarm", kurz darauf wurde ein zweiter Raketenstart in den USA angezeigt und kurz danach weiter drei Raketenstarts. Jedoch die Satellitenbilder zeigten immer noch nichts. Jetzt reifte die Entscheidung in Stanislaw Petrow: er wollte nicht für einen dritten Weltkrieg mit seinen unvorhersehbaren Folgen verantwortlich sein und er blieb bei seinem Urteil "Fehlalarm". Jetzt konnte er nur noch warten, würden die Raketen in wenigen Minuten einschlagen oder nicht? Nichts geschah, das Radar zeigt keine einzige Rakete. Was in diesen Minuten im Menschen Stanislaw Petrow vorgegangen ist, können wir allenfalls erahnen.

Es war wirklich ein Fehlalarm auf Grund eines, wie Petrow sagt, "teuflischen Zufalls". Eine seltene Konstellation der Himmelskörper hatte dazu geführt, dass Sonnenstrahlen derart in die Satellitensensoren gespiegelt wurden, dass es nach einem Raketenstart in den USA aussah.

Stanislaw Petrow wurde in der Sowjetunion geehrt und erhielt letzte Woche in Baden-Baden den Deutschen Medienpreis.

Bild-Quelle: dpa/picture alliance
"Stanislaw Petrow bei der Verleihung des Deutschen Medienpreises"

Für mich ist Stanislaw Petrow ein Held, ohne ihn könnte es sein, dass wir alle, die diesen Bericht schreiben oder lesen, nicht auf der Welt wären. Herzliche Dank Herr Petrow!

Kategorien: Erfolgsgeschichten Rubriken: Wunder

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